...ein Orchester geht seinen Weg!

Wir schrieben das Jahr 1982. In der Musikschule in Gänserndorf entlockten die Schüler ihren Blasinstrumenten mehr oder weniger falsche Töne. Nachdem die falschen Töne auf ein Minimum reduziert waren, durfte der Bläser sein Können beim örtlichen Musikverein oder auch beim Musikverein seiner Heimatstadt unter Beweis stellen. Doch gab es an der Musikschule auch Kinder, die den Auf- und Abstrich (ein Streichinstrument) bevorzugten. Um für diese Schüler auch ein Betätigungsfeld zu schaffen, wollte ihr Lehrer Andreas Baksa, Geiger im NÖ Tonkünstlerorchester, ein Streichorchester bilden.

So kam es zum ersten Auftritt des Streichorchesters im Rahmen eines Musikschulkonzertes im Herbst 1982. Gespielt wurde das Menuett aus der Symphonie Nr. 94 von Josef Haydn („Mit dem Paukenschlag“). Bläser, welche bereits Routine durch das Spielen beim Musikverein hatten, ergänzten dieses Orchester. Das Werk war zweifelsfrei zu erkennen, wenngleich sich der Komponist ein schnelleres Tempo gewünscht hätte.

Nach dem Auftritt traf sich das „Proponentenkomitee“, bestehend aus Maria Prager, Andreas und Hannelore Baksa, Günther Stremnitzer, Sabine Guterzenka-Wolf, Anton Ehm und dem Verfasser dieser Zeilen beim Heurigen Luckner in Gänserndorf. 

Die Idee zur Gründung des „Symphonischen Orchesters Gänserndorf“ wurde geboren. Dem angehenden Juristen Anton Ehm wurde die Ehre zuteil als Vorsitzender des Proponentenkomitees die Anzeige über die Bildung des Vereines „Symphonisches Orchester Gänserndorf“ bei der Vereinsbehörde zu erstatten. Das entsprechende Schriftstück trug das Datum vom 9. Februar 1983.

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland NÖ vom 16. März 1983 wurde die Bildung des Vereins „Symphonisches Orchester Gänserndorf“ nicht untersagt und bereits am 6. April 1983 fand die konstituierende Generalversammlung statt.

Nun gab es zwar ein symphonisches Orchester, doch auf Grund des Ausbildungsstandes, vor allem bei den noch ganz jungen Streichern, keine Werke aus dem klassischen Repertoire. 

So komponierte Andreas Baksa die „Bilder aus dem Marchfeld“. In aller Eile wurden von den Bläsern die einzelnen Stimmen aus der Partitur herausgeschrieben und im Herbst 1983 konnte mit der Probenarbeit begonnen werden. 

Am 16. April 1983 war es dann endlich soweit. Das Symphonische Orchester Gänserndorf hatte seinen ersten Auftritt in der damaligen Gänserndorfer Sporthalle. Zu Andreas Baksa’s Musik wurde dem zahlreich erschienenen Publikum das Marchfeld mittels Multimediashow präsentiert. 

Das traditionell am 8. Dezember abgehaltene Adventkonzert und ein Konzert im Frühling wurden von jetzt an ein fixer Bestandteil in der Gänserndorfer Kulturszene. Andreas Baksa und Gustav Szöke dirigierten jeweils eine Hälfte des jeweiligen Konzertprogrammes. Fehlende Streicher wurden durch Mitglieder des NÖ Tonkünstlerorchesters ergänzt, die fehlenden Oboen im Bläsersatz von Flöten oder Klarinetten. 

Am 30. September 1984 folgte der erste Auftritt außerhalb der Bezirksstadt Gänserndorf. Im Schloß Eckartsau wurde ein Kammerkonzert abgehalten.

Das große Orchester präsentierte sich erstmals am 25. Oktober 1984 in der Fremde. In Groß-Enzersdorf fand ein Festkonzert zum Nationalfeiertag mit dem Werk „Bilder aus dem Marchfeld“ von Andreas Baksa statt. Noch im selben Jahr folgte ein vorweihnachtliches Konzert in Hohenau.

1991 kam es zum ersten Auslandsauftritt mit einem Konzert in Decin/TSC.

Prof. Günter Högner, Solohornist der Wiener Philharmoniker, war der erste Mäzen des Symphonischen Orchesters Gänserndorf. Zur Förderung des Nachwuchses an Hornisten schenkte er dem Orchester ein Wiener Horn, welches noch immer fest in Anspruch genommen wird.
Am 4. Juni 1988 trat er auch als Solist mit dem Symphonischen Orchester Gänserndorf auf. Beim Festkonzert zum 5-jährigen Bestandsjubiläum übernahm er den Solopart in Richard Strauß‘ Hornkonzert op. 11.

Weitere namhafte Solisten folgten. Mit Attila Szekely, Cellolehrer an der Musikschule und ab 1991 Solocellist bei den Wiener Symphonikern und Prof. Erna Gruber, Harfenistin an der Wiener Volksoper als Solisten wurde die erste Dekade des Symphonischen Orchesters Gänserndorfs mit einem Festkonzert am 22. Mai 1993 beendet.

In weiterer Folge gelang es, Solisten der Wiener Symphoniker auch als Solisten für Konzerte des Symphonischen Orchester Gänserndorfs zu gewinnen. 

Die Programmwahl wurde immer anspruchsvoller und daher stieg auch der Bedarf an Streichern. Da dieser Bedarf nicht allein mit österreichischen Musikern gedeckt werden konnte, hielt man Ausschau beim Nachbarn. So entstand ein reger Kontakt mit Musikern aus Bratislava. Seit 1995 wirken regelmäßig Musiker aus der Slowakei bei unseren Konzerten mit. Sie zählen bereits zum Inventar unseres Orchesters. 

Der Harfenist Prof. Josef Molnar, Anfang der 50er Jahre zusammen mit anderen Orchestermusikern nach Japan ausgewandert, um im Fernen Osten Aufbauarbeit im Hinblick auf die musikalische Ausbildung des Orchesternachwuchses zu leisten, war gleichfalls ein großer Förderer des Orchesters.
Als er 1990 wieder einmal auf Kurzbesuch in seine Heimatstadt Gänserndorf aufbrach, nahm er vor lauter Freude über die Entwicklung des Orchesters eine Harfe mit, um sie dem Symphonischen Orchester Gänserndorf als Weihnachtsgeschenk zu überbringen.
Von nun an war es sein größter Wunsch, das Orchester seiner Heimatstadt auch in seiner Wahlheimat zu präsentieren. 

Am 26. September 1995 endete die Ära Andreas Baksa, der freiwillig aus dem Orchester ausschied.

Die mit der Slowakei begonnene Zusammenarbeit, aber auch der größer werdende Zufluss von Musikern aus Wien und aus dem gesamten Bezirk Gänserndorf waren Gründe, welche dazu führten, dass mit Beschluss der Generalversammlung vom 05. März 1997 der Name des Orchesters auf „Philharmonie Marchfeld“ geändert wurde. Von der Sicherheitsdirektion für Niederösterreich wurde diese Namensänderung mit Bescheid vom 24. September 1997 zur Kenntnis genommen.

Die Namensänderung erleichterte auch, dass das Orchester in den Genuss des INTERREG II Projekts kommen konnte. Dabei handelte es sich um eine Kulturförderung, welche auf Grund der Zusammenarbeit mit dem Kammerorchester Trnava zustande gekommen ist. Über einen Zeitraum von 3 Jahren (1998 – 2000) erhielt die Philharmonie Marchfeld Förderungsmittel, welche vom Land NÖ und der EU jeweils zur Hälfte getragen wurden. Diese Förderung ermöglichte einen qualitativen Anstieg des Orchesters.
So konnten nunmehr zusammen mit unseren slowakischen Partnern regelmäßig Workshops vor den Konzerten abgehalten werden. Dabei wurde das Konzertprogramm jeweils an einem Wochenende vor der Konzertaufführung intensivst geprobt und die Qualität des Dargebotenen gesteigert.

Im Jänner 1996 begann die Planung, doch erst am 20. Mai 1999 startete das Flugzeug mit 59 aktiven Musikern Richtung Tokio, von wo aus die erste große Tournee des Orchesters begann.
Insgesamt 4 Konzerte in Soka City, Koto, Tokio und Fukui wurden gespielt. Zum ersten Mal spielte das Orchester in „richtigen Konzertsälen“ vor jeweils ca. 1.500 - 2.000 Zuhörern.
Höhepunkt dieser Tournee war zweifellos das Konzert vom 24. Mai 1999 in der Tiara Concert Hall in Koto, welches auch von der japanischen Kaiserin besucht wurde. Die Tournee war für jeden Einzelnen eine sehr stressige Angelegenheit. Es blieb jedoch auch genug Zeit, Sehenswürdigkeiten zu besichtigen und bleibende Eindrücke von einer anderen Welt beim Rückflug am 30. Mai1999 mit nach Hause zu nehmen.

Im Juni 1999 wurde ein weiterer Fixpunkt im Programm der Philharmonie Marchfeld geschaffen, das Festival conTakt entstand.
Seither werden jährlich Ende Juni jeweils an zwei Abenden Konzerte abgehalten. Ein Abend wird vom eigenen Orchester gestaltet, wobei bisher jeweils namhafte Solisten engagiert werden konnten. Der zweite Abend ist für Gastorchester reserviert.

Im Juni 2001 erklärte der Dirigent Gustav Szöke seinen Rücktritt. Bettina Schmitt, die seit der Japan-Tournee dem Orchester angehört und auch bereits für einzelne Konzerte die künstlerische Verantwortung übernommen hatte, wurde zur alleinigen Dirigentin des Orchesters bestellt.

Pläne für eine China-Tournee wurden ebenfalls für 2001 geschmiedet. Nachdem der erste Termin für Ostern 2001 jedoch scheiterte, traf im Oktober eine Anfrage eines chinesischen Konzertveranstalters für die Durchführung von Neujahrskonzerten per e-mail ein.
Rasch wurden die entsprechenden Kontakte geknüpft und mit der Planung begonnen. Das Konzertprogramm wurde zusammengestellt und in den Proben nach den Adventkonzerten in Gänserndorf und Trnava einstudiert Am 17. Dezember 2001 wurde vom chinesischen Kulturminister die Genehmigung für diese Tournee erteilt. Am 26. Dezember 2002 trafen die Flugtickets ein und am 28.Dezember 2002 startete das Flugzeug Richtung Shanghai. 

Zwischen 29. Dezember 2001 und 02. Jänner 2002 wurde in Hangzhou, Wenzhou, Ningbo und Peking an jedem Abend jeweils ein „Neujahrskonzert“ gegeben. Wir durften in mit 3.000 – 5.000 Zuhören jeweils ausverkauften Hallen spielen. 
Die Anspannung für jeden Einzelnen während dieser Tourneetage war enorm, das anschließende Sightseeing umso mehr verdient.

Im Frühjahr 2002 kam es zur Gründung der Jungen Philharmonie. Unter der Leitung der Konzertmeisterin Mag. Irene Buchmann werden derzeit 15 „NachwuchsstreicherInnen“ im Alter zwischen 9 und 15 Jahren für eine eventuelle spätere Aufgabe im großen Orchester vorbereitet. 
Die Kinder haben bereits auch ihre ersten öffentlichen Auftritte mit Bravour gemeistert. Gemeinsam mit der Philharmonie Marchfeld begeisterten sie das Publikum des Adventkonzertes bei der Darbietung von Weihnachtsliedern.

Gleichermaßen erfolgreich war ihr Auftritt eine Woche später im Rahmen eines Konzertes der Regionalmusikschule Strasshof a. d. Ndb., bei dem sie verstärkt durch einige Routiniers aus der Philharmonie Marchfeld auftraten. Selbstverständlich ist auch beabsichtigt, in naher Zukunft junge Bläser in diese Junge Philharmonie einzubauen. 

Im Namen des Orchesters, der Philharmonie Marchfeld, möchte ich mich bei unseren Sponsoren für ihre tatkräftige Unterstützung bedanken. Nur mit ihrer Hilfe ist es uns möglich, ein qualitativ entsprechendes Programm zu bieten. 

Wir wünschen unserem Publikum, dass auch in den nächsten Jahren noch viele Höhepunkte folgen werden. 

Johannes Orth
Vorstandsmitglied seit Gründung (Kassier)